Leitfaden Motivationsgespräch
Wenn der Mitarbeiter nur noch eine mürrische Miene zieht, sich Kunden beschweren oder in Projektberichten wichtige Punkte fehlen, sollten bei Vorgesetzen die Alarmlampen blinken. Höchste Zeit für ein Motivationsgespräch.
Von Tatjana Krieger
“Wenn erkennbar wird, dass der Mitarbeiter unmotiviert ist, ist es eigentlich schon zu spät”, so Markus Väth, der in Nürnberg Führungskräfte und HR-Fachleute coacht. Das Motivationsgespräch sollte der direkte Vorgesetzte führen. “Nur er kennt die Schwächen und Stärken seines Mitarbeiters.” Würde der Chef das Gespräch an die Personalabteilung delegieren – der Mitarbeiter könnte sich abgeschoben fühlen, der Vorgesetzte geriete in den Verdacht, ein Drückeberger zu sein.
Vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre
Für konstruktive Ergebnisse und eine vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre empfiehlt sich eine Fragetechnik mit offenen Fragen.
“Was bedrückt Sie derzeit?”
“Wie beurteilen Sie Ihre Arbeitsergebnisse?”
“Mein Eindruck ist, Sie sind derzeit nicht ganz bei der Sache. Wie sehen Sie das?”
Der Vorgesetze sollte dabei gut zuhören statt seinen Mitarbeiter zu belehren. “Normalerweise wird der Mitarbeiter seine Chance ergreifen und mit der Sprache rausrücken. Es sei denn, der Chef ist das Problem”, so Väth. Anschuldigungen, Vorwürfe und Suggestivfragen gilt es zu vermeiden. Tabu sind deshalb Sätze wie:
“Sie reißen sich derzeit aber auch kein Bein aus.”
“Was denken Sie sich eigentlich dabei?”
“Sie waren auch schon mal besser.”
Offene Fragen stellen
Gibt sich der Mitarbeiter trotz offener Fragetechnik verschlossen, ist es Zeit, die Fragen stärker zu fokussieren. Idealerweise hat der Vorgesetzte Belege gesammelt, mit denen er seinen Eindruck, der Mitarbeiter sei demotiviert, untermauern kann. In dieser Phase ist es wichtig, immer objektiv zu bleiben, die eigenen Beobachtungen sachlich und auf den Punkt vorzutragen.
In nächsten Schritt gilt es zu klären, was die Motivation des Mitarbeiters im Alltag blockiert. Sind es Arbeitsabläufe oder Aufgaben? Etwas, was Chef, Kollegen oder der Betroffen selbst beeinflussen können? All diese Punkte lassen sich mit gezielten Einzelfragen abklopfen:
“Was hindert sie gerade daran, motiviert an die Arbeit zu gehen?”
“Haben Ihre Kollegen einen Anteil daran?”
“Habe ich Ihnen etwas in den Weg gestellt?”
Selbstständig Auswege suchen
Ist das Problem erkannt, muss man es im nächsten Schritt lösen. Der Mitarbeiter sollte dabei ermuntert werden, selbstständig nach Auswegen zu suchen. Er soll formulieren, was er in Zukunft verbessern möchte. Das nimmt ihm das Gefühl der Bevormundung – und verleiht ihm Handlungsfähigkeit.
Der Vorgesetzte prüft, ob die Ansätze des Mitarbeiters realisierbar sind. Wenn ja, erarbeitet man gemeinsam konkrete Maßnahmen. Der neue Fahrplan für die weitere Zusammenarbeit sollte in einem symbolischen Schriftstück festgehalten werden. “Eine E-Mail ist hierfür ausreichend”, so Väth.
Äußere Faktoren
Was aber, wenn die Antriebslosigkeit auf Faktoren außerhalb des Arbeitsplatzes zurückgeht? Ein Trauerfall, schwere Krankheit oder Scheidung etwa. “Bei ernsten Problem wird aus dem Zweier-Gespräch ein Dreier-Gespräch”, erklärt Coach Markus Väth. Dann müssen sich der betroffene Mitarbeiter, sein Chef sowie die Personalabteilung zusammensetzen, um gemeinsam eine längerfristige Lösung zu finden.
Väth unterscheidet bei privaten Leistungshemmnissen drei Szenarien: Bei punktuellen Problemen, punktuell entlasten. Einen Mitarbeiter, der sich etwa krank und müde in die Arbeit geschleppt hat, könne man einfach ein paar Tage nach Hause schicken. “Er wird in einem schlechten Zustand ohnehin nicht ordentlich arbeiten können.”
Längerfristige, unverschuldete Probleme
Bei längerfristigen, unverschuldeten Problemen, holt man die Personalabteilung ins Boot. Hat der Mitarbeiter sein schwerwiegendes Problem selbst zu verantworten, zum Beispiel bei einer Suchterkrankung, empfiehlt er eine konsequente Haltung einzunehmen: “Wenn der Mitarbeiter jetzt nicht handelt, riskiert er seinen Arbeitsplatz.”
In ihrem Ratgeber “Mitarbeitergespräche” raten die Autoren Wilfried Braig und Roland Wille, während des Motivationsgesprächs eine kameradschaftliche Haltung einzunehmen. Man solle dem Mitarbeiter begegnen wie einem guten, alten Bekannten.
Vorsicht vor Rollenkonflikten
Coach Väth mahnt jedoch vor einem Rollenkonflikt: “Ein Vorgesetzter muss seine Autorität wahren und sich fragen, ob er Führungskraft oder Kumpel sein möchte.” Wird diese Grenze erst einmal aufgeweicht, komme man aus der Verstrickung nur schwer wieder heraus. Er bevorzugt das Modell “fürsorgliche Führungskraft.” “Ich entscheide, wann ich dem Mitarbeiter mehr Raum gebe und wann ich durchgreifen muss.”
Besser als das Motivationsgespräch erst in der Krise zu führen, ist das präventive Motivationsgespräch. Integrieren lässt es sich in den jährlichen Mitarbeitergesprächen, bei denen die Beteiligten konkrete Zielvereinbarungen treffen. Denn um Ziele zu erreichen, benötigt der Mensch immer Motivation.