Employer Branding: Die Zustandsanalyse

Um sich glaubhaft als attraktiver Arbeitgeber positionieren zu können, müssen Sie wissen, wie Mitarbeiter und Bewerber Ihre Firma wahrnehmen: Ein Zustandsbericht zeigt die Werte Ihres Unternehmens auf. 

Die Notwendigkeit, sich mit einer deutlichen Arbeitgebermarke zu positionieren, wird heute kaum noch infrage gestellt. 90 Prozent der Mittelständler zum Beispiel sind laut einer Umfrage von compamedia, dem Ausrichter des Wettbewerbs “TOP JOB – Die 100 besten Arbeitgeber im Mittelstand”, der Meinung, dass Employer Branding im Kampf um die Fachkräfte in Zukunft Erfolgs entscheidend sein wird.

Angst vor den Kosten

Doch warum setzen dann mehr als zwei Drittel der Befragten noch keine Maßnahmen um? Sicher ist die Angst vor den Kosten, die auf einen Mittelständler zukommen, ein Grund für das zögerliche Herangehen. “Von der Bestandsaufnahme bis zum Umsetzungsplan eines Employer Branding können 100.000 Euro zusammenkommen”, sagt Adel Gelbert, Managing Partner der Unternehmensberatung BBDO in München. “Dafür sind ein paar Schrauben zu verkaufen”, gesteht Gelbert zu. Doch die Investition hält er für absolut sinnvoll.

Davon ist auch Nils Abraham, geschäftsführender Gesellschafter der Hamburger Personalmarketingagentur AWS:pwu überzeugt: “Ein tatsächlich gelebtes Employer Branding kann sogar zu Kostenersparnissen führen. Es reduziert mit großer Wahrscheinlichkeit die Rekrutierungskosten, weil ein dauerhaft positiver Auftritt auf dem Arbeitsmarkt die Zahl der guten Initiativbewerbungen steigert.”

Schritt 1: Stärken und Schwächen analysieren

Der erste Schritt auf dem Weg zum erfolgreichen Employer Branding ist die Zustandsanalyse. “Was sind wir für ein Unternehmen? Was ist unser Spirit? Warum sind wir gut? Und warum werden wir auch morgen noch gut sein?” Solche Fragen sollten das Unternehmen dabei leiten, erklärt Nils Abraham.

“Wie schätzen Sie Ihren Ruf als Arbeitgeber ein und durch welche Werte unterscheiden Sie sich von Ihren Wettbewerbern?” stellt Silke Masurat, Geschäftsführerin der compamedia GmbH in Überlingen am Bodensee, an den Anfang ihrer Zustandsanalyse. Als mögliche Attribute nennt sie:

  • fair
  • unkonventionell
  • konservativ
  • verantwortungsbewusst
  • qualitätsorientiert
  • innovativ
  • verlässlich
  • familiär

Einen Wert kann aber zum Beispiel auch die Marktführerschaft darstellen, wie sie zahlreiche Mittelständler, die so genannten Hidden Champions, auf ihrem speziellen Gebiet innehaben. “Als Marktführer kann man Beschäftigten und Bewerbern gleichermaßen vermitteln, dass sie persönlich an dieser Position teilhaben können, also durch ihre Zugehörigkeit zum Unternehmen quasi selbst zu so etwas wie Marktführern werden”, hebt Nils Abraham hervor.

Konzentration auf die wichtigsten Werte

Bei der Suche nach den eigenen Werten ist das Reduzieren aufs Wesentliche angesagt: “Ein Unternehmen kann als Arbeitgeber nicht überall Spitze sein”, erklärt Professor René Hartmann vom Institut für Personalmanagement und Organisation an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Olten. “Die Frage ist: Wo will es Spitze sein?” Man könne sich zum Bespiel mit Work-Life-Balance auszeichnen. “Oder mit besonders modernen Arbeitszeitmodellen, der Qualität der Führung oder indem man große Freiräume und viele Möglichkeiten zur Partizipation anbietet.”

Und Christina Grubendorfer, Geschäftsführerin der Deutschen Employer Branding Akademie (DEBA) betont: “Anders als beim Produktmarketing geht es nicht darum, dass möglichst viele Leute die Marke gut finden – die richtigen Leute sollen sie gut finden und unter ihrem Dach zusammenkommen.” Darum dürfe die Arbeitgebermarke auch kein “Einheitsbrei” sein, gefüllt mit zu vielen Werten, die alle “irgendwie gut finden” könnten. “Eine Arbeitgebermarke soll polarisieren”, sagt sie.

Schritt 2: Fragen Sie sich, was Sie Bewerbern bieten können

Das kann zum Beispiel Folgendes sein:

  • Standortvorteile (zum Beispiel Familienfreundlichkeit auf dem Land, Kultur- und Freizeitangebote in einem Ballungszentrum)
  • Weiterbildungsmöglichkeiten (zum Beispiel Fremdsprachen- oder Rhetorikkurse, Moderationstechniken für Führungskräfte)
  • Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen (zum Beispiel Hierarchieebenen, Positionen Aufgabenbereiche)
  • Work-Life-Balance-Maßnahmen (zum Beispiel Home-Office, flexible Arbeitszeiten, Kinderbetreuungsplätze)

(Quelle: “Employer Branding für den Mittelstand. Leitfaden zur Top-Arbeitgebermarke” von compamedia; www.compamedia.de)

Adel Gelbert von BBDO warnt davor, den Fehler des “Overpromising” zu begehen: “Man darf nicht alles versprechen und alle Werte gleichzeitig besetzen wollen.” So würde man keine konkrete Zielgruppe ansprechen können. “Setzen Sie stattdessen Spitzen”, rät er.

Schritt 3: Mit Marktforschung die echten Werte ermitteln

Wichtig ist, dass die Werte, für die das Unternehmen mit seiner zukünftigen Arbeitgebermarke stehen soll, nicht von einer Agentur theoretisch entwickelt, sondern im Betrieb tatsächlich gelebt werden. Welche Meinung dort über das Unternehmen vorherrscht und welche Stärken und Schwächen dem Arbeitgeber zugeschrieben werden, kann man mit Hilfe von Marktforschung herausfinden. “Im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie befragt man aber nicht nur Beschäftigte, sondern auch Kunden und Geschäftspartner”, erklärt Nils Abraham von der Personalmarketingagentur AWS:pwu. “So erfährt man, wie das Unternehmen intern und auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.”

“Warum kommen Sie nicht zu mir?”

Auch Bewerber, die ein Stellenangebot des Unternehmens abgelehnt haben, müssen befragt werden. “Warum kommen sie nicht zu mir – und wo gehen sie stattdessen hin?” sollte erfasst werden, um mögliche Schwächen des Unternehmens als Arbeitgeber zu ermitteln, rät BBDO-Partner Adel Gelbert. “Außerdem fragt man im Rahmen der qualitativen Marktforschung eine Gruppe von potenziellen Kandidaten explizit nach ihren Anforderungen an einen guten Arbeitgeber.” Darüber hinaus kann man die Wünsche und Vorstellungen möglicher Bewerber auch auf Kontaktmessen der Hochschulen und ähnlichen Veranstaltungen erfragen.

Was sich Bewerber vom idealen Arbeitgeber wünschen

Die Studie “The Universum Professional Survey 2007” hat erfasst, welche Vorstellungen potenzielle Bewerber vom perfekten Arbeitgeber haben. Universum ist ein internationaler Dienstleister in Sachen Employer Branding. Gefragt nach den Eigenschaften eines idealen Arbeitgebers äußerten die 6826 Befragten:

  1. guter Ruf (71 %)
  2. Markterfolg (68 %)
  3. außergewöhnliche Produkte/Dienstleistungen/Kunden (66 %)
  4. Finanzkraft (59 %)
  5. Innovation (47 %)
  6. multikulturelle Mitarbeiter (42 %)
  7. interessanter Arbeitsort (42 %)
  8. starke Unternehmenskultur (40 %)
  9. vertrauenerweckendes und inspirierendes Management (34 %)
  10. dynamische Organisation (32 %)
  11. Rekrutierung der besten Fachkräfte (31 %)
  12. soziale Verantwortung (27 %)
  13. interner Wettbewerb (22 %)
  14. Gleichberechtigung von Männern und Frauen (22 %)
  15. hohe ethische Maßstäbe (22 %)
  16. zahlreiche Überstunden (18 %)
  17. Work-Life-Balance (18 %)
  18. stabile Arbeitsumgebung (15 %)

(Quelle: “Universum Graduate Survey 2007”; www.universumglobal.com)

Schritt 4: Die Konkurrenz beobachten

Schließlich folgt der letzte Schritt der Zustandsanalyse: “Untersuchen Sie den Arbeitgeberauftritt Ihrer Wettbewerber und die dort angegebenen Arbeitgeberleistungen”, rät Silke Masurat, Geschäftsführerin von compamedia. Zum Beispiel auf deren Karriereseiten im Internet oder an deren Infoständen auf Messen. “Oder befragen Sie neue Mitarbeiter zum Angebot des vorigen Arbeitgebers”, sagt Masurat.

Ergebnis: Der Zustandsbericht

Gleicht man dann seine Stärken und Schwächen mit den Erwartungen der Bewerber und dem Angebot der Konkurrenz ab, erhält man folgenden Zustandsbericht:

  • Wer bin ich? Mein Wesen als Arbeitgeber
  • Wie bin ich? Eigenschaften und Gefühle, die mit mir als Arbeitgeber verbunden werden
  • Was biete ich? Mein Nutzenversprechen an Mitarbeiter
  • Wie trete ich auf? Die Wirkung, die von mir als Arbeitgeber ausgeht

(Quelle: “Employer Branding für den Mittelstand. Leitfaden zur Top-Arbeitgebermarke” von compamedia; www.compamedia.de)

Jetzt geht es nur noch darum, dieses Ergebnis in praktisches Employer Branding umzusetzen. Wie man seine Kernbotschaft transportiert, erfahren Sie im nächsten Teil dieses Dossiers in unserer September-Ausgabe.

(Andrea Pawlik, 2008 / Bild: Pressmaster, Fotolia.com)


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