E-Recruiting in Österreich

Das Instrument E-Recruitment rostet im Wekrzeugkasten der Personaler – Strategien zum Aufpolieren.

Die Entwicklung im E-Recruitment schreitet bedingt durch die neuen Web 2.0-Applikationen unaufhaltsam voran. Soziale Netzwerke wie XING, My Space oder Facebook für die Suche nach und die Recherche über Kandidaten sowie für Stellenanzeigen zu nutzen, gehört nach Ansicht vieler Experten heute ebenso zu einem modernen Recruitment wie eigene Corporate Blogs und Videos anzubieten und in übergreifenden Blogs das Meinungsbild über das Unternehmen mit zu beeinflussen.

Dr. Heidemarie Schutt, Partnerin bei Accenture in Österreich (Wien), warnt allerdings davor, jeden “Hype” einfach so mitzugehen. E-Recruitment dürfe nicht losgelöst von der Talentmanagementstrategie betrachtet werden, die verschiedene ex- und interne Zielgruppen im Blick hat. Eine wichtige sei zwar die so genannte “Net-Generation”. Die Maßgabe, dass das Unternehmen sich authentisch präsentieren sollte, gelte aber nicht nur für die Web 2.0-Applikationen, sondern beispielsweise auch für die Präsenz an Universitäten, Schulen und auf Messen. “Die Zielgruppen und deren Werte, Präferenzen und Verhalten zu kennen und zu verstehen, ist Voraussetzung im Recruitment”, sagt Schutt.

Die Frage, ob ein Unternehmen blogge oder nicht, sei daher nicht die alles entscheidende. Vielmehr komme es darauf an, in denjenigen Blogs präsent zu sein, in denen sich die anvisierten Kandidaten tatsächlich bewegen. “Ich kenne kein Unternehmen in Österreich, das einen eigenen Blog gezielt im Recruiting einsetzt”, gibt Martin Poreda, Geschäftsführer der Online-Bewertungsplattform Kununu, zu bedenken. High Potentials seien heute in Netzwerken unterwegs, dorthin müssten die Unternehmen ihnen folgen. “Auf XING beispielsweise findet man aber kaum Profile von Recruitern”, moniert Poreda.

Bewerber in den Online-Netzwerken aktiv anzusprechen, ist nach Schutt heute ein Muss. Aber auch der eigene Internetauftritt vieler Unternehmen ist noch verbesserungswürdig. “Die Net-Generation ist an Informationen über die Möglichkeiten lebenslangen Lernens und die soziale Verantwortung des Unternehmens interessiert”, sagt Schutt. Entsprechende Angaben müssten authentisch auf der Karriereseite des Unternehmens angeboten werden. Heute fehle noch vielen Websites die Möglichkeit umfassender Interaktion. Meist beschränke sich die Kommunikation auf das Feature, Bewerbungen per Mail oder Formular zu versenden. “Die Unternehmen müssen die Vermarktungsthematik stärker in den Mittelpunkt stellen”, sagt Schutt. Im Kontakt über die Karriereseite könnten beispielsweise die Stellenpräferenzen eines Bewerbers abgefragt oder erfragt werden, ob dieser einen Freund kennt, der sich für freie Positionen im Unternehmen interessiere.

Die Net-Generation sei mit dem Internet groß geworden, meint Schutt. Junge Bewerber erwarteten, auf der Karriereseite einfach und schnell mit vertiefenden Informationen versorgt zu werden und Links an Bekannte versenden zu können. “Man muss heute bezogen auf die verschiedenen Zielgruppen breiter aufgestellt sein”, rät Schutt. Ob beispielsweise Videos auf der Karriereseite ein Weg zum Ziel sind, könne nicht per se mit Ja oder Nein beantwortet werden. Selbst innerhalb der Gruppe der Net-Generation gebe es unterschiedliche Nutzer. Für die einen seien Videos eine interessante Informationsquelle, für andere dagegen sei es wichtig, rasch die wichtigsten Informationen zu erkennen. “Das stellt hohe Anforderungen an die entsprechende Karriereseiten im Netz”, sagt Schutt.

Dass österreichische Unternehmen Nachholbedarf bei der Umsetzung ihrer E-Recruiting-Initiativen haben, diese Erkenntnis hat jüngst eine hiesige Stellenbörse zu Tage gefördert. Danach fehlen auf den 150 analysierten Websites der Unternehmen vor allem nach Zielgruppen (Schüler, Studenten, Absolventen, Berufserfahrene) spezifizierte Informationen und Kontaktmöglichkeiten zu Ansprechpartnern in der HR-Funktion. Ein spezielles Bewerberportal haben sogar nur 15 Prozent.

“Die Texte auf den Karriereseiten ähneln sich”, kritisiert Poreda. Davon seien die High Potentials regelrecht gelangweilt. Die erwarteten heute vielmehr fundierte Informationen beispielsweise über Lohnnebenleistungen wie Betriebskindergarten, Teilzeitmöglichkeiten und auch die Kantine. Auf Kununu informieren Mitarbeiter darüber die Bewerber. “Deswegen ist die Bewertungsplattform ein Erfolg”, sagt Poreda. Die Unternehmen seien im Web 2.0 “durchleuchtbar” geworden, offizielle Verlautbarungen würden von den Bewerbern systematisch hinterfragt.

Angesichts dessen wundert es, dass der Analyse der Unternehmensseiten zufolge auf diesen selbst die Aktualität der Stellenanzeigen häufig nicht nachvollziehbar ist. Dennoch werden nach einer Untersuchung im Auftrag der Jobbörse Monster in Österreich inzwischen die meisten Stellen per Internet generiert (44,2 Prozent), knapp 36 Prozent werden über Printmedien generiert. Was die elektronische Weiterverarbeitung von Bewerbungen angeht, sieht Schutt die Praxis in den österreichischen Unternehmen inzwischen weit vorangeschritten. “Die Auswertung der Daten für die Vorauswahl der Bewerber kann effizienter werden”, sagt Schutt.

Nach der Untersuchung von Monster liegt Österreich im Vergleich mit der Schweiz und Deutschland bei der Präferenz von E-Mail-Bewerbungen weit vorn. Fast 53 Prozent der Unternehmen präferieren diese Form des Bewerbungseingangs, klassische Bewerbungsmappen werden dagegen nur noch von knapp 17 Prozent akzeptiert. Das ist im Vergleich vor allem mit der Schweiz ein sehr niedriger Wert. Wenig verbreitet (knapp 18 Prozent) sind allerdings auch Formularbewerbungen. Erst die ermöglichen aber die elektronische Weiterverarbeitung von Bewerbungen ohne zeitaufwendigen Zwischenschritt. Auch bei der Suche in Lebenslaufdatenbanken von Stellenbörsen sind die österreichischen Unternehmen eher zurückhaltend.

Weitere Informationen

König, Wolfgang / Weizel, Tim / Eckhardt, Andreas / von Stetten, Alexander (2007): Recruiting Trends 2007 – Österreich. Eine empirische Untersuchung mit den Top-1.000 Unternehmen aus Österreich, Frankfurt am Main und Bamberg.