Speed-Date für den neuen Job
Job-Speed-Dating macht immer wieder mal Schlagzeilen: Um einen innovativen Trend soll es sich dabei handeln, um ein praktisches Werkzeug, auf originelle Weise junge Mitarbeiter zu finden. Wahrheit oder ein aufgebauschtes Randphänomen? Experten antworten.
Zuvor aber einmal zur Frage, was “Job Speed Dating” eigentlich ist: Dabei handelt es sich um serielle Bewerbungsgespräche, die nach dem Modell des “Speed Datings” streng auf wenige Minuten beschränkt sind. Sie ermöglichen es Arbeitssuchenden ebenso wie Arbeitgebern, in kurzer Zeit gleich mehrere potenzielle Dienstverhältnisse abzuklopfen. Ein Selektionsverfahren, das perfekt zu unserer schnelllebigen Zeit zu passen scheint – effizient, dabei aber auch locker und irgendwie smart.
Grobes Kennenlernen – mehr nicht
Stimmt nicht, meint Mag. Elfriede Gerdenits: “Job Speed-Dating ermöglicht nur ein grobes Kennenlernen, es gibt maximal einen ersten Eindruck von der Person”, so die Karriereberaterin aus Baden bei Wien. “Deshalb wird es eher eingesetzt, um öffentliches Interesse zu wecken. Als Arbeitgeber setze ich auf Job Speed-Dating, um auf mich aufmerksam zu machen und nicht, um tatsächlich neue Mitarbeiter zu finden.”
Auch mit der Vorstellung, dass Job Speed-Dating effizient sei, räumt Gerdenits auf: “Das ganze Prozedere ist mit großem Personalaufwand verbunden. Man kann nicht einfach irgendwen vom Unternehmen auf Bewerber loslassen – das müssen schon Führungskräfte sein oder Leute aus den Personalabteilungen. Wie jedes Auswahlverfahren soll auch ein Job Speed-Dating damit beginnen, dass ein Profil und ein passender Bewertungsraster erstellt werden.”
Auf die schnelle Tour
Besonders gern sollen Personalisten die schnelle Tour auf Jobmessen einsetzen. Immerhin herrsche dort der größte Andrang an Interessenten. Auch das hält Gerdenits für übertrieben: “In Österreich setzt man eher auf klassische Recruitment Methoden. Wenn Job Speed-Dating zur Anwendung kommt, dann in innovativen und jugendaffinen Branchen, die vor allem höher gebildete Mitarbeiter suchen.”
Wie sehen das Profis aus der Personalszene? Mag. Cornelia Zinn-Zinnenburg ist Geschäftsführerin bei der Personalagentur Kienbaum in Wien, wo Job Speed-Dating auf ganz eindeutige Weise zum Einsatz kommt: Nämlich gar nicht. “Wir rekrutieren Leute ab dem mittleren Management und führen mit ihnen lange, intensive Gespräche. Sehr oft funktioniert das durch direkte Ansprache der Person. Wir führen dann eine Lebenslaufanalyse durch und überprüfen schon im Vorfeld auch Referenzen der potentiellen Kandidaten”, so Zinn-Zinnenburg.
Sich die nötige Zeit nehmen
Es gehe Kienbaum nicht darum, jemanden zu finden, der den Job mache – sondern darum, dass er ihn gut macht, Verantwortung übernimmt, Resultate erzielt. “Wir machen also eigentlich genau das Gegenteil von Job Speed-Dating: Wir nehmen uns Zeit, um die Qualifikation und Fähigkeiten des potenziellen Kandidaten genau zu erheben.”
Noch weiter in Richtung Praxis steht Mag. Christian Kellner: Er ist Bereichsleiter für Global Services beim Rechenzentrum Wien. Mit dem Begriff “Job Speed-Dating” konfrontiert, weiß er zunächst gar nichts damit anzufangen. Im Prinzip wende er den vermeintlichen Trend aber immer wieder bei Jobmessen an Universitäten an: Viel mehr als fünf Minuten hätten Personalisten dort nämlich nie, um sich ein Bild von potenziellen Bewerbern zu machen.
Die richtige Vorbereitung
Das sieht er aber nicht als Vorteil: “Manche Bewerber reden sehr viel, anderen muss man alles aus der Nase ziehen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt aber in der Vorbereitung. Wenn der Lebenslauf gut geschrieben ist, dann schafft man damit auch gleich einen roten Faden für das Gespräch.” Ist der CV aber schlecht, dann reichen wenige Minuten nicht aus, um genug über sein Gegenüber zu erfahren.
Ebenso wichtig ist für Kellner aber die Vorbereitung auch für den Arbeitgeber: “Man muss schon im Vorfeld eine klares Mitarbeiterprofil entwickeln. Und die Kulturen müssen zusammenpassen: Die des Unternehmens und die des Mitarbeiters.” Insgesamt sei das zu viel für ein Gespräch von nur fünf Minuten, meint Kellner. Aber: “Das Ziel solcher Veranstaltungen ist gewöhnlich ohnehin nur, den Kandidaten Feedback zu geben, und nicht gleich ein Jobangebot.”
(Benedikt Mandl, März 2011 / Bild: Jeremias Muench, Fotolia.com)