Gehaltsreport Finanzwesen: Wie viel verdienen Banker?
Ob international oder in Österreich: Die Finanzbranche durchlebt schwierige Zeiten. Das wirkt sich auch auf die Gehälter aus.
Knapp 100.000 Pfund, fast 150.000 Euro nach dem damaligen Wechselkurs – so viel will Samit U. als Berufseinsteiger in London 2005 verdient haben. Heute ist der Wiener indischer Abstammung in einer ganz anderen Branche tätig, betrachtet die goldenen Zeiten des Finanzsektors als vorbei: “Für mich war es ideal, ich habe den Exzess im Finanzsektor an seinem Höhepunkt erlebt, drei Jahre wie verrückt gearbeitet und sehr gut dabei verdient.”
Kaum verlässliche Zahlen zu Gehältern
Heute seien die Spielregeln andere, die Bedingungen waren härter, jetzt stehen die Zeichen in London, Frankfurt und auch innerhalb Österreichs wieder auf Erholung: “Aber da hat es in den letzten zwei Jahren seit meinem Jobwechsel so viele Veränderungen gegeben, dass ich den Überblick verloren habe”, so Samit.
Die Zurückhaltung des ehemaligen Investmentbankers ist nicht auf mangelnde Kenntnis zurückzuführen – auch Experten sind extrem vorsichtig, wenn sie zu Gehältern in der Finanzbranche befragt werden. Zu chaotisch haben sich die Finanzmärkte seit Herbst 2008 gezeigt, keine andere Branche hat in der Krise eine stärkere Talfahrt erlebt. Schon Daten aus dem letzten Jahr können für die heutige Situation wenig aussagekräftig sein.
Finanzbranche Österreich: Privat- und Investmentbanken im Vorteil
Das sieht im Bezug auf die Finanzbranche in Österreich auch Maria Smid von der Unternehmensberatung Kienbaum in Wien ganz ähnlich. Kienbaum erhebt regelmäßig Daten in ganz Österreich über die Einkommenssituation in verschiedenen Branchen. Smid verweist im Fall des Finanzsektors auf die Turbulenzen der jüngeren Vergangenheit: “Die Situation im Bankbereich im Moment sehr schwierig einzuschätzen und insgesamt sehr vielschichtig. Das Gehalt hängt sehr stark von Segment und Sektor ab und davon, wie stark die Institute von der Finanzkrise getroffen wurden.”
Viele Banken seien immer noch sehr zurückhaltend bei Gehaltserhöhungen, auch bei der jährlichen Anpassung der Grundgehälter. Lediglich bei Privat- und Investmentbanken könne man hier eine Normalisierung feststellen, so Smid. Gefragte Positionen seien im Moment vor allem in den Bereichen Risikomanagement und Front-End zu finden, auch Einsteiger hätten hier wieder recht gute Aussichten.
Einstiegsgehälter ab 35.000 bis 40.000 Euro
Das “Retail Banking”, also das Segment, das man landläufig unter dem Namen “Bank” vor Augen hat, ist in Österreich am stärksten ausgeprägt und beschäftigt die meisten Mitarbeiter. Ein typischer Karriereweg beginnt dort in einer Filiale und führt später zur Kundenbetreuung. Im weiteren Verlauf nimmt die Verantwortung zu und es folgt die Spezialisierung auf bestimmte Themenbereiche.
Dabei liegen typische Jahresbruttobezüge im Branchenvergleich deutlich über dem Durchschnitt: “Einstiegsgehälter können von etwa 35.000 bis über 40.000 Euro reichen. Mit Doktortitel oder MBA sind Zuschläge beim Einstiegsgehalt von 5.000 bis 10.000 Euro möglich”, so Maria Smid. Gehaltszuschläge gäbe es unter Umständen auch bei Zusatzqualifikationen wie Auslandsaufenthalten oder Spezialisierungen. Wegen der Krise seinen Neuaufnahmen im Retail-Bereich aber noch auf niedrigem Niveau und auch der Spielraum bei Gehaltsverhandlungen sei gering.
Manager-Gehälter: Enorme Einkommensunterschiede
Noch schwieriger sind konkrete Aussagen zum Einkommen von Führungspersonal in Österreichs Finanzbranche: 80 bis 90 Prozent aller Führungskräfte beziehen eine variable Vergütung, der Bonus macht unter Umständen mehr als die Hälfte des Einkommens aus. Das liegt unter anderem auch am geringen Spielraum für Erhöhungen des Grundgehalts.
Österreichische Bankmanager der dritten Führungsebene verdienen durchschnittlich 91.000 Euro (Jahresbruttogehalt); Manager der zweiten Ebene verdienen 145.000 Euro; Top-Manager und Führungskräfte der ersten Ebene dürfen sich im Durchschnitt über sehr hohe 300.000 Euro im Jahr freuen. Wieder schränkt Maria Smid ein: “Die Spannen sind enorm und hängen auch sehr stark von der Größe der Bank und vom jeweiligen Bereich innerhalb der Bank ab.”
Karrieretipps für Neueinsteiger
Um in die Oberliga einzusteigen sind aber viele Jahre harter Arbeit notwendig, die richtige Spezialisierung und eine gute Positionierung der eigenen Bank. Wie aber können Neueinsteiger ihre Karriere in der Finanzbranche optimieren? Wien orientiert sich stark in Richtung Osteuropa, anderswo in Österreich sind regionale Aspekte wichtiger.
Dr. Magda Bleckmann ist Karrierecoach in Graz und gibt ein paar allgemeine Tipps: “Wichtig ist es auf jeden Fall, in branchenüblichen Netzwerken vertreten zu sein, um Informationen über Änderungen und Neuigkeiten brandaktuell zu erhalten. Aufenthalte in Finanzzentren wie London oder New York erachte ich für notwendig.”
Langfristige Strategien lohnen
Solche Aufenthalte können schon über Praktika während des Studiums erfolgen, und, so Bleckmann, später zum “Karriereturbo” werden. Ein Praktikum bietet außerdem die Möglichkeit, in verwandte Branchen zu schnuppern – beispielsweise in die Unternehmensberatung. Das kann später auch im Finanzsektor als Zeichen gesehen werden, dass ein Bewerber einen breiten Horizont hat.
Einsteigern rät Magda Bleckmann zu Idealismus und Geduld: “Ein Einstieg lohnt sich immer dann, wenn sie an dem, was sie tun, auch Spaß haben. Denken sie nicht an das große Geld: Die Karriere fängt nicht gleich oben an. Und gerade in schwierigen Zeiten kann ein Junger viel lernen.”