Gehaltserhöhungen verhandeln

Sie gehört zu den unangenehmen Fragen, die eine Führungskraft zu hören bekommt: Die Frage nach einer Gehaltserhöhung. Ein zu schnelles “Nein” kann zu  Frustration auf Seiten des Mitarbeiters führen, auch wenn der Verhandlungsspielraum gegen null geht. Fingerspitzengefühl ist daher gefragt, wenn es ums Geld geht!

von Emily Walton

Eines sollten Sie immer im Hinterkopf behalten, wenn Sie mit einem Mitarbeiter über eine Gehaltserhöhung sprechen: Es gibt keinen gesetzlichen Anspruch auf ein regelmäßiges Plus am Lohnzettel! Sie sind also zu nichts verpflichtet – theoretisch nicht einmal zu Verhandlungen, auch wenn es sich freilich nicht empfiehlt, dem Mitarbeiter nicht einmal die Chance auf ein Gespräch zu geben.

Automatische Erhöhungen

Die meisten Arbeitnehmer kommen, weil sie gemäß den Vorschriften eines Kollektivvertrages beschäftigt sind, ohnehin regelmäßig in den Genuss “automatischer” Gehaltssprünge: In vielen Kollektivverträgen sind Biennalsprünge (= eine fixe Erhöhung alle zwei Jahre) oder Quinquennien (= ein vorgegebener Sprung alle fünf Jahre) eingeplant.

Der Lohn steigt dann zu vorgegebenen Zeitpunkten ganz von selbst; in einigen Kollektivverträgen sind solche Anstiege auch bei einem gewissen Lebensalter bzw. einer gewissen Berufserfahrung vorgesehen. Bevor Sie mit Ihrem Mitarbeiter über eine “außertourliche” Erhöhung verhandeln, prüfen Sie, wann er zuletzt eine automatische hatte bzw. wann ihm die nächste zusteht!

Jährliche Erhöhungen

Abgesehen von den erwähnten Gehaltssprüngen gibt es in der Regel jedes Jahr eine Erhöhung der Kollektivvertragslöhne, die zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern branchenweise ausgehandelt wird. Nach diesen Lohnrunden steigen die Löhne ab einem Stichtag um einen gewissen Prozentsatz – nicht selten mit einer “Deckelung” durch Minimal- und Maximal-Beträge. Prüfen Sie auch hier, wie der Mitarbeiter von den letzten Lohnrunden profitiert hat!

Gut zu wissen: Oft erhalten Mitarbeiter durch eine “freiwillige Überzahlung” des Unternehmens mehr, als ihnen gemäß des Kollektivvertrages als Lohn mindestens zustehen würde. Auch das könnte ein Argument in den Verhandlungen sein. Achtung: In manchen Kollektivverträgen ist festgeschrieben, dass diese Überzahlungen im Vergleich zum Kollektivvertrag bestehen bleiben müssen – etwa immer um den gleichen Betrag X über dem KV-Gehalt. Gibt es weder im Kollektiv- noch im Arbeitsvertrag eine solche Bestimmung, so ist es zulässig, dass die Überzahlung durch kollektivvertragliche Erhöhungen “aufgesaugt” wird.

Der richtige Zeitpunkt

Egal wie groß Ihr monetärer Spielraum für eine Gehaltserhöhung ist: Nehmen Sie sich Zeit für ein angemessenes Gespräch! Bei diesen Verhandlungen geht es in den seltensten Fällen ausschließlich um Geld – sondern meistens (auch) um Wertschätzung.

Vermeiden Sie es daher, spontan über das Gehalt zu verhandeln! Vereinbaren Sie lieber einen Termin, auf den Sie sich gut vorbereiten können. Es ist auch nicht ratsam, in offiziellem Rahmen, etwa bei der Weihnachtsfeier, beim Betriebsausflug oder bei einem “zufälligen” Zusammentreffen beim Kaffee-Automaten übers Geld zu sprechen!

Die richtigen Argumente

Versuchen Sie während der Verhandlungen auf der professionellen Ebene zu bleiben und nicht auf die persönliche “abzurutschen”: Argumente wie “Ihr Gehalt reicht doch locker zum Leben” oder “Für Ihr Alter verdienen Sie ohnehin schon überdurchschnittlich gut” mögen objektiv richtig sein – im Gespräch mit dem Mitarbeiter helfen sie jedoch nicht weiter.

Halten Sie eine Gehaltserhöhung nicht für angemessen oder ist sie schlichtweg aus wirtschaftlichen Gründen nicht machbar, dann vertrösten Sie Ihren Mitarbeiter nicht mit einer Verschiebung auf “später”. Vereinbaren Sie stattdessen einen konkreten Zeitpunkt für das nächste Gespräch – und wenn möglich auch Bedingungen, unter denen ein Plus am Lohnzettel realistisch ist. So verhindern Sie, dass die Motivation des Mitarbeiters leidet und spornen ihn im Idealfall zu Leistungen an, die eine Gehaltserhöhung zu einem späteren Zeitpunkt aus Ihrer Sicht besser rechtfertigen.

Der Plan B

Vor dem Gespräch sollten Sie sich überlegen, was sie tun, wenn Sie Ihr Mitarbeiter vor die Wahl stellt: “Mehr Geld – oder ich kündige”. Es kann schwierig sein, auf dieses Druckmittel spontan richtig zu reagieren. Klären Sie für sich schon vorab, ob Sie den Mitarbeiter im Ernstfall gehen lassen würden oder nicht bzw. wo Ihre Schmerzgrenze bei einer Gehaltserhöhung liegt.

Überlegen Sie auch, ob sich anstelle einer Gehaltserhöhung eine Alternative anbietet, die die Firma weniger kostet bzw. einen höheren Nutzen aus unternehmerischer Sicht bietet und gleichzeitig den Mitarbeiter zufrieden stellt. Das könnte zum Beispiel eine Weiterbildung auf Firmenkosten sein  oder auch ein Heimarbeitstag pro Woche.

(Bild: Fotolia.com)