Tipps für das Vorstellungsgespräch

Das Vorstellungsgespräch hat eine Schlüsselfunktion in der Rekrutierung. Allerdings nur mit den richtigen Fragen. Die sollten wohl überlegt sein, auch die möglichen Antworten der Bewerber. Nur dann stehen die Chancen gut, den passenden Kandidaten auszuwählen.

Von zehn Bewerbern schafft es einer zum Vorstellungsgespräch. Das heißt: Neun wurden vorher aussortiert. Allein schon das ist eine Menge Arbeit. Dann steht der große Tag bevor, nicht nur für den Kandidaten, sondern auch für den oder die Teilnehmer aus dem Unternehmen. Manchmal trifft sich der Personalreferent beim ersten Gespräch allein mit dem Bewerber, teilweise ist auch schon der Fachvorgesetzte dabei und in anderen Fällen außerdem ein Personalberater, der den Kandidaten empfohlen hat.

Fragen im Vorstellungsgespräch klar formulieren

“Egal, wer alles um den Tisch sitzt: Nur wenn die Fragen klar formuliert sind, liefern sie im Ergebnis Antworten über die Kompetenzen des Bewerbers”, sagt Dr. Sascha Armutat, Leiter Forschung in der Deutschen Gesellschaft für Personalführung in Düsseldorf. Ein Vorstellungsgespräch solle schließlich eine Prognose auf den Berufserfolg ermöglichen, also klären, ob der Bewerber den Anforderungen entspricht. Die richtigen Fragen führen dabei am ehesten zum Ziel.

Monologe beim Jobinterview vermeiden

Wichtig ist, dass die Firmenvertreter in der Gesprächsführung überhaupt Fragen stellen und keine Monologe führen. Regelmäßig hört Armutat von Bewerbern, dass Personaler und Führungskräfte die Runde als Informationsveranstaltung über das Unternehmen missverstehen. “Häufig, weil die Leute glauben, ein Interview könne man sich leicht aus dem Ärmel schütteln, was leider nicht stimmt.”

Fragen für das Bewerbungsgespräch vorher besprechen

Nach seinen Angaben sind gute Fragen spezifisch und so formuliert, dass sie zu Antworten motivieren, die im Vergleich zu anderen Kandidaten beurteilt werden können. Armutats Tipp: Die Fragen vorher zwischen Personaler und Fachvorgesetztem besprechen, den Bewerbern für eine Position identische Fragen stellen mit vorbewerteten Antworten. “Denn nur dann können die Kandidaten objektiv verglichen werden.”

K.O.-Fragen am Anfang stellen

Michael Eiberger ist ein Profi in Sachen Vorstellungsgespräch. “Pro Jahr führen wir fast 2000 Interviews”, so der Geschäftsführer von Personal Total, Niederlassung Stuttgart Mitte. Die Personalberatung sucht im Kundenauftrag passende Bewerber. Und hat es dabei leichter als manche Personalabteilung. “Wir erfragen bei unseren Kunden sehr präzise, was der gesuchte Mensch wissen und können muss. Daher wissen wir auch sehr genau, was wir fragen müssen.”

An erster Stelle stehen zwei K.O.-Fragen: ‚Wohnort und Arbeitsort liegen weit auseinander. Würden Sie für einen neuen Job umziehen?’ “Das ist die allergrößte Hürde, stellen wir immer wieder fest, und die Leute beschäftigen sich erst mit dem Gedanken, wenn es konkret wird.” Dann folgt die Frage nach dem Gehalt. In diesem Punkt haben die Personalberater einen Spielraum, der nach oben begrenzt ist.

Motivation mit Fragen im Vorstellungsgespräch testen

Nur wenn die Gehaltsvorstellungen des Bewerbers in diesem Rahmen liegen, geht es zum fachlichen Gespräch über. “Hier prüfen wir, ob Kundenwünsche und Kandidatenwissen zusammen passen.” Im persönlichen Teil des Interviews empfiehlt Eiberger bei Jobwechseln immer wieder nach der Motivation dafür zu fragen. “Dann muss schon etwas Überzeugendes kommen, schließlich hat keine Firma Interesse an einem Job-Hopper.”

Halb-strukturierte Bewerbungsgespräche sind weit verbreitet

Eiberger sagt, die Fragen bei Personal Total seien halb strukturiert. Es gebe einen roten Faden, “von dem aus wir bei Bedarf in die Ecken links und rechts des Werdegangs leuchten”. Er schätze, dass 80 Prozent aller Vorstellungsgespräche dieselbe Struktur und ähnliche Fragen haben. Für sehr wichtig erachte er auch die Systematik der Fragestellung. ‚Wie sind die Vorstellungen des Bewerbers, wie sieht das Jobangebot aus?’ “So lässt sich klären, ob Traum und Wirklichkeit zusammen passen oder ob sie zu weit auseinanderliegen.”

Mit Standardfragen die Vorbereitung des Bewerbers prüfen

Mit den Fragen im Vorstellungsgespräch lässt sich auch prüfen, ob sich der Bewerber auf diesen wichtigen Tag vorbereitet hat. Beispiel: ‚Erzählen Sie etwas über sich.’ “Obwohl jeder wissen kann, dass diese Frage kommt, folgt häufig nur Bla, Bla”, sagt Thomas Rübel, Geschäftsführer im Berliner Büro für Berufsstrategie, einem Karriereberatungs- und Seminarunternehmen. Dabei sei das eine vortreffliche Gelegenheit, sich gut in Szene zu setzen und ein bestimmtes Bild von sich zu geben.

Auf der Homepage des Büros für Berufsstrategie und anderen kann jeder Bewerber nachlesen, welches die zehn wichtigsten Fragen in einem Vorstellungsgespräch sind. “Sie spiegeln wider, was ein Unternehmen wissen will. Doch leider bereitet sich nur ein Teil der Kandidaten gut vor und hat aussagekräftige Antworten parat.”

Persönliche Fragen sind meist verboten

Zu den unzulässigen Fragen gehören nach Angaben von Rübel alle, die mit der Persönlichkeit des Bewerbers zu tun haben, etwa Sexualität, Religion und Politik. Daher scheiden Fragen aus wie ‚Sind sie krank, schwanger, Mitglied der Partei XY?’ Als Grauzone bewertet er die Frage nach Freizeit und Hobbys. Doch: “Wer dazu nichts sagt, schafft keine Vertrauensbasis und die ist wichtig für eine Zusammenarbeit.”

Unbewusste Antworten: Die Körpersprache gibt Hinweise

Auch auf psychologische Effekte sollten Personaler und Fachvorgesetzte achten, denn “aus der Körpersprache können sie viel lesen”, weiß Rübel. Gehen beispielsweise die Augen nach oben, sei das immer ein Beispiel für Erinnerungen. Nach unten bedeute ein eintauchen in die Gefühlswelt. “An solchen Merkmalen lässt sich ein Schauspieler von einem ehrlichen Menschen unterscheiden.” Fragen, Struktur und Psychologie sind nach Meinung von Rübel Puzzel-Stücke, die sich am Ende des Gesprächs zu einem Bild über den Bewerber zusammenfügen und sich dann relativ sicher sagen lässt, ob Bewerber und Stelle zusammenpassen. Und nur darum geht es in einem Vorstellungsgespräch.

(Peter Ilg, November 2011 / Bild: iceteaimages)