Personalsuche in der Generation 2.0

Für Personalverantwortliche gehört es zur Aufgabe, sich mit der Welt der Digital Natives vertraut zu machen: Der jungen Generation, die rund um die Uhr via Internet kommuniziert. Doch wie sprechen die Unternehmen die potenziellen Fach- und Führungskräfte von morgen am besten an? Wir verraten es Ihnen.

Wenn Peter König* am Frühstückstisch sitzt, checkt er statt der Morgenzeitung gleich mal seine privaten E-Mails, den aktuellen Facebook-Status seiner Freunde und die Traffic-Statistiken seiner privaten Website. Peter König ist nämlich nicht nur Netzwerkadministrator bei einer Versicherung in Wien, er kommuniziert auch privat fast ausschließlich über das Web.

Rund um die Uhr im Netz

Für all das braucht er keinen konventionellen Computer, sein iPhone erlaubt den ständigen Wechsel zwischen virtueller und realer Welt. Erst mal im Büro angekommen, schaltet Peter König seinen Computer ein und bleibt den ganzen Tag mehr oder weniger ständig online. Erreichbar ist er immer.

Wenn er am Abend nach Hause geht, dann bleibt der Computer meistens abgeschaltet – online erreichbar bleibt Peter König aber auch dann, wiederum über das iPhone. Peter König ist ein “Digital Native”, einer jener Menschen, die praktisch rund um die Uhr und ohne Unterbrechung online verfügbar sind. Das Internet ist ihr wichtigstes Medium für Kommunikation und Informationstausch.

Web 2.0 – ein Massenphänomen

Digital Natives gibt es schon seit vielen Jahren. Mit der Verbreitung mobiler Computer samt Internetzugang wie Smartphones und vereinzelt schon Tablet PCs wurden sie aber zum Massenphänomen. Und längst ist nicht mehr jeder Digital Native wie Peter König in der IT-Branche tätig. Das stellt Personalisten wie auch Jobsuchende vor neue Herausforderungen.

“Digital Natives erreicht man zum Großteil online”, erklärt Mario Körbler von der steirischen WebAgentur Körbler aus Gamlitz. Er ist Spezialist für Kommunikation im Internet und Social Media. “Diese Generation bildet sich die Meinung über ein Unternehmen fast ausschließlich online. Daher müssen Webpage, Facebook Fanpage oder auch Blog-Einträge über ein Unternehmen entsprechend authentisch abgestimmt sein. Digital Natives haben natürlich auch über verschiedene Ecken online Kontakte zu Mitarbeitern von entsprechenden Unternehmen und nutzen Web 2.0 Plattformen, um sich einen umfassendes Eindruck von dem Unternehmen zu bilden.”

Marktplatz Internet

Schon seit Jahren ist das Internet der wichtigste Marktplatz, auf dem sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer treffen. Und der Bedarf in diesem Segment scheint immer noch stark zu wachsen. Gerade für das Abwerben von Mitarbeitern in einem bestehenden Dienstverhältnis eignen sich online Plattformen, die auf berufliches Networking ausgerichtet sind.

International am größten ist die Plattform linkedin, die 2003 gegründet wurde. Etwa zeitgleich entstand XING, dem es gelang, im deutschsprachigen Raum zur größten Plattform dieser Art aufzusteigen. Bei beiden Websites können Berufstätige einen Lebenslauf erstellen und Geschäftskontakte aufbauen. Das Konzept ist erfolgreich: 2009 machte XING über 45 Millionen Euro Umsatz.

Unternehmensprofile erstellen

Eine relativ neue Funktion ist die Möglichkeit für Unternehmen, eine Profilseite zu erstellen und sich selbst zu präsentieren. Auf Plattformen wie Facebook oder Twitter wird dieses Angebot von Firmen inzwischen rege genutzt.

Junge Unternehmen wie kununu drehen den Spies hingegen um: Sie setzen voll auf ehemalige und aktuelle Mitarbeiter, die ein Unternehmen danach bewerten, wie attraktiv es als Arbeitgeber ist.

Authentizität ist das A und O

Schön für Jobsuchende, aber potentiell problematisch für das betroffene Unternehmen. Denn während es sich auf der eigenen Website oder Facebook-Fansite selbst so viel loben kann, wie es will, kann es die Inhalte auf unabhängigen Plattformen nicht beeinflussen.

“Es wird immer wichtiger, das Unternehmen im Internet bestmöglich und trotzdem ehrlich zu präsentieren”, betont Mario Körbler. “Wir haben beispielsweise auf unserer Website immer eine Darstellung der einzelnen Mitarbeiter samt Zuständigkeit und Kontaktmöglichkeiten. Darüber hinaus versuchen wir, über persönliche Blog-Beiträge die Mitarbeiter eng an das Unternehmen zu binden. Diese Bindung zeigt Interessenten: Bewirb Dich bei uns, dann kannst Du Teil eines erfolgreichen und zusammengeschweißten Teams sein.”

Vorsicht vor peinlichen Einträgen

Ergänzen kann man diese Informationen dann um neutrale Kritiken auf den genannten Netzwerken. Doch Vorsicht: Nicht nur Jobsuchende nutzen digitale Medien. Auch Personalisten verstehen sich auf den Einsatz von Google und Co.

“Ich kenne einen Fall, da wurde eine junge Dame nicht eingestellt, weil sie auf einer Social Media Plattform in der Gruppe ‘Ficken für den Weltfrieden’ vertreten war”, nennt Dr. Magda Bleckmann ein warnendes Beispiel. Bleckmann ist Karrierecoach aus Graz und Spezialistin für Netzwerke aller Art. “Ich lege meinen Kunden immer ans Herz, als ersten Schritt genau zu beobachten, wie eine Plattform funktioniert und erst dann aktiv zu werden.”

Das Web vergisst nichts

Denn das Web, so Bleckmann, vergesse nichts. “Und es ist für Personaler eine wunderbare Möglichkeit, sich über Kandidaten ein Bild zu machen.” Bei jeder Veröffentlichung von Inhalten solle man sich also genau fragen: Will ich in 10 Jahren noch, dass so etwas über mich gelesen werden kann? Wer sich aber seriös und ehrlich präsentiert – und das gilt für Arbeitgeber ebenso wie Arbeitnehmer – dem bieten digitale Medien wunderbare Kanäle, um miteinander in Kontakt zu treten.

Magda Bleckmann warnt aber davor, in Zeiten der digitalen Euphorie die Zwischenmenschlichkeit zu vernachlässigen: “Meiner Meinung nach ersetzt das Web in keiner Form den persönlichen Kontakt. Es kann als Einstieg verwendet werden – aber dem sollte auf jeden Fall das persönliche Gespräch folgen.”

(Benedikt Mandl, Juni 2010 / Jaimie Duplass, Fotolia.com)


*Name von der Redaktion geändert