Unangenehme Mitarbeitergespräche führen
Kündigungen, Umstrukturierungen oder anderweitige Veränderungsprozesse ziehen Personalgespräche nach sich. Gerade, wenn es darum geht, Mitarbeitern unangenehme Wahrheiten zu vermitteln, kommt es auf das nötige Feingefühl an. Sonst hat das ungünstige Auswirkungen auf das gesamte Betriebsklima. Wir sagen Ihnen, was Sie beachten müssen.
Von Winfried Gertz
Es ist ein schmaler Grat, auf dem sich Führungskräfte bewegen, wenn sie Mitarbeitern unangenehme Wahrheiten verkünden müssen: Obwohl sie sich selbst nicht wohl in ihrer Haut fühlen, sollten sie ihren Mitarbeitern jedoch Vorbild sein. Gerade im Gespräch mit den Beschäftigten erweist sich, wie professionell Vorgesetzte ihre Führungsaufgabe wahrnehmen.
Wer sich leicht tut
Beispiele für schwierige Gespräche gibt es viele. Hier geht es ums Gehalt, dort um eine Beförderung – Anlässe, die durchaus positiven Charakter tragen und nicht bloß für Knatsch sorgen. Aber es kann auch um eine Versetzung gehen oder eine Entlassung – allesamt Gesprächsthemen, um die wohl jeder einen großen Bogen machen würde.
Im Vorteil ist, wer sich von Natur aus nicht so leicht aus der Reserve locken lässt. Mit schwierigen Gesprächssituationen kommen laut René Borbonus, Kommunikationstrainer aus Ruppach-Goldhausen, jene Führungskräfte am besten zurecht, denen eine gewisse Dickhäutigkeit zu eigen ist. “Sie kennen Gefühle und brechen nicht zusammen, wenn Emotionen gezeigt werden. Sie können sich in andere Menschen hineinversetzen, ohne ihre Stabilität zu verlieren.”
Aus Fehlern lernen
Emotionale Durchlässigkeit, auch mit dem Begriff Empathie umschrieben, ist eine Schlüsselkompetenz für Vorgesetzte. Wem nicht Besseres einfällt, als dem Mitarbeiter im Falle einer Kündigung zu sagen: “Wir entwickeln Sie in den Markt”, ist für seine anspruchsvolle Aufgabe als Führungskraft ebenso wenig geeignet wie der Chef, der gleich zu Beginn des Gesprächs die harte Tour favorisiert:“Meier, wir müssen Sie entlassen.”
Solche Fehler unterlaufen Führungskräften stets aufs Neue. Entweder verniedlichen sie einen problematischen Sachverhalt oder fallen mit der Tür ins Haus. Konfrontiere man einen Mitarbeiter sofort mit der bitteren Wahrheit wie einer Entlassung, warnt Borbonus, werde nur eine Lawine losgetreten. Besser sei, zunächst auf Ursachen einzugehen und im zweiten Schritt die bittere Entscheidung anzusprechen, “ohne um den heißen Brei herum zu reden”.
Wie man Empathie zeigt
Der Ton macht also die Musik. Gespür für die richtige Tonlage hat weder, wer bagatellisiert nach dem Motto: “Kopf hoch. Das haben schon ganz andere gemeistert” oder wer eher zur Verschlimmerung der Situation beiträgt: “Was für ein Mist.” Beides ist für den Empfänger unangenehmer Nachrichten schlicht unerträglich.
Dass ein schwieriges Führungsgespräch trotz seines Inhalts kein Rohrkrepierer wird, beginnt schon mit der Vorbereitung. Es ist ein Unterschied, ob man Mitarbeiter unpersönlich Knall auf Fall herbeizitiert, um die heikle Angelegenheit möglichst schnell vom Tisch zu haben. Oder ob sich der Vorgesetzte zunächst erkundigt, wann der Mitarbeiter Zeit hat, und auf Rückfrage offen auf ein wichtiges Gesprächsthema hinweist. Jedermann dürfte klar sein, dass eine E-Mail mit dem Stichwort “Entlassung” in der Betreffzeile die denkbar schlechteste Wahl wäre.
Spätestens wenn es zum “Showdown” kommt und Führungskraft und Mitarbeiter sich Auge in Auge gegenübersitzen, zeigt sich, ob der Chef seine Hausaufgaben tatsächlich gemacht hat. Statt zu bagatellisieren oder Anteilnahme vorzutäuschen, verstehen empathisch kompetente Führungskräfte die Gefühle ihres Gegenübers und zeigen das auch. Sie nennen Emotionen beim Namen: “Sie sind jetzt traurig, weil Sie ihre netten Kollegen wegen der Versetzung nicht mehr sehen, nicht wahr?” Doch dabei lassen sie es nicht bewenden. Sie wechseln von der Gefühls- zur Handlungsebene: “Wie gehen Sie mit der Entlassung um? Was können Sie tun, um aus der misslichen Lage das Beste zu machen?”
Bei der Anteilnahme nicht übertreiben
Doch so sehr Anteilnahme gefragt ist – sie ist auch ein Stolperstein. Zeigen Chefs zu sehr Gefühle, berauben sie sich ihres Standings. Borbonus beruft sich auf Studien, denen zufolge Kompetenz- und Statuswerte von Führungskräften sinken, sobald sie Ärger oder Trauer zeigen. “Das gilt auch für den Chef, der im Gespräch offen eingesteht, mit der Situation überfordert zu sein.” Fakt ist: Anteil nehmen und Empathie zeigen ist die beste Alternative. Allein auf die Dosis kommt es an.
Jede Führungskraft, die empathisch wie sachorientiert schwierige Gespräche meistert, sollte sich übrigens auf eine ebensoprofessionelle Personalabteilung verlassen können. “Vielfach sind Personaler auch psychologisch geschult. Darin sind sie Führungskräften weit überlegen”, sagt Borbonus.
So können sie Mitarbeitern, die entlassen werden, wertvolle Ratschläge erteilen, wie sie sich bewerben und Brüche in der Karriere gut verkaufen. Zudem unterhalten Personaler vielfältige Kontakte zu anderen Unternehmen, die sich womöglich in einem konkreten Hinweis auf eine frei werdende Position ausdrücken könnte. Wer auch immer die Firma verlässt, sollte trotz aller Sorgen diese Botschaft mitnehmen: “Man hat sich wirklich um mich bemüht.”