Trennungsmanagement

Eine Kündigung auszusprechen ist in der Regel kein leichter Schritt. Wer dem betroffenen Mitarbeiter Lösungsansätze bietet, macht es beiden Seiten leichter.

Noch hält das Korsett aus Kurzarbeit, Arbeitszeitverkürzungen und Gehaltsreduzierungen. Dabei ist allerdings fast untergegangen, dass seit Juni letzten Jahres 250 000 Menschen mehr arbeitslos sind. Von Beginn an ist die Krise mit einem starken Anstieg der Insolvenzen und mit Personalabbau verbunden.

Zu viele Mitarbeiter an Bord

Etwa ein Drittel der Unternehmen hat sich bislang schon von Mitarbeitern getrennt. Und es werden noch mehr, weil die Betriebe im Verhältnis zum geschrumpften Umsatz zu viele Mitarbeiter an Bord haben, einige sich neu ausrichten müssen und manche mit einer verbesserten Kostenstruktur in den Aufschwung gehen wollen.

Sind die Unternehmen darauf gut vorbereitet und betrachten sie die Trennung von Mitarbeitern inzwischen als festen Bestandteil ihrer Personal- und Organisationsentwicklung? “Leider nein”, meint Berater Dr. Laurenz Andrzejewski aus Usingen im Taunus, der Unternehmen bei Wandlungs- und Trennungsprozessen begleitet. Nach wie vor herrsche beim Thema Trennung “große Hilflosigkeit”.

Blutige Nasen bei Trennungen

Schon weil sich viele Betriebe bei der letzten großen Kündigungswelle “blutige Nasen” eingehandelt haben. Vielfach seien damals selbst die eigenen Führungskräfte mit dem Vorgehen nicht einverstanden gewesen, und die Entlassenen seien am Ende vor den Kadi gezogen. Auch aufgrund des Umgangs mit ihnen, so Andrzejewski.

Wie viele gegen eine unternehmensseitige Kündigung klagen, ist strittig. Von Gewerkschaftsseite ist die Rede von 15 Prozent, das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) spricht von 27 Prozent. Aktuell sind beide Zahlen nicht. Aber von der Klagehäufigkeit einmal ganz abgesehen, können Unternehmen bei Entlassungen viel falsch machen. Die Beschäftigten in Deutschland sind nämlich von Gerechtigkeitsnormen überzeugt. Verstößt das Unternehmen bei betriebsbedingten Trennungen dagegen, hat das Folgen für das Arbeitgeberimage und nicht zuletzt für das Engagement der verbleibenden Mitarbeiter.

Outplacement mildert den Schock

Nach einer von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Untersuchung der Universitäten Jena (Soziologie) und Hannover (wirtschaftswissenschaftliche Fakultät) zu “Arbeit und Gerechtigkeit” werden Entlassungen als ungerecht empfunden, wenn der Arbeitgeber zuvor nicht alles unternommen hat, um diese abzuwenden. Als ungerecht gilt auch, wenn das Management selbst keine Einbußen hinnehmen muss oder am Ende des Jahres sogar noch durch Boni belohnt wird. Und werden Entlassungen durch Abfindungen finanziell und durch Outplacement-Maßnahmen flankiert, gelten sie im Vergleich zu “harten” Trennungen als gerechter.

“Damit werden sehr günstige Rahmenbedingungen geschaffen”, meint Dr. Tiemo Kracht, Geschäftsführer der Kienbaum Executive Consultants GmbH. Knapp ein Viertel der Unternehmen, die sich derzeit von Mitarbeitern trennten, böten diesen einen Aufhebungsvertrag mit Abfindung und Unterstützung bei der beruflichen Neuorientierung (Newplacement) an. Einer Studie von Kienbaum zufolge beauftragen zudem neun Prozent der Unternehmen bei Trennungen eine Transfergesellschaft, die die Mitarbeiter beim Übergang in eine andere Beschäftigung unter anderem durch Coaching- und Weiterbildungsmaßnahmen unterstützt.

Anreize setzen

Solche Leistungen würden allerdings häufig leider immer noch unprofessionell, vor allem aber “halbherzig” angeboten, meint Andrzejewski. “Als ein Teil der Verhandlungsmasse eben.” Wichtig ist, in den Trennungsangeboten bewusst und mit Überzeugung die Anreize so zu setzen, dass die Mitarbeiter nicht in erster Linie Geld bei ihrem Ausscheiden aus dem Unternehmen haben wollen, sondern ihre berufliche Zukunft in den Blick nehmen. Auch davon kann der Erfolg von Transfergesellschaften abhängen, deren oft allzu pauschaler Ruf nicht der Beste ist.

“Wenn jedoch in einem Transfersozialplan das Kurzarbeitergeld auf neunzig oder einhundert Prozent aufgestockt wird, dann ist natürlich der Anreiz gering, einen vergleichsweise schlechter bezahlten Job anzunehmen”, sagt Susanne Marx, Referentin bei der Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung mbH (G.I.B.) in Bottrop. “Sprinterprämien” erhöhten hingegen den Anreiz, schnell wieder ein neues Beschäftigungsverhältnis einzugehen.

Umgang mit Mitarbeitern

Bei Trennungen geht es aber auch um den Umgang mit den Mitarbeitern. Darauf haben die Chefetagen vieler Firmen seit der letzten handfesten Krise reagiert und sich für das Führen von schwierigen Gesprächen sowie im Konfliktmanagement gezielt weiterqualifiziert.

Die Studie von Kienbaum hat ergeben, dass für die Kommunikation von Personalabbau in 75 Prozent der Fälle das persönliche Gespräch gesucht wird. Für Andrzejewski laufen dagegen Trennungen alles andere als überwiegend professionell ab. Oft sogar ohne ein Fünkchen Anstand. “Die Vorgesetzten arbeiten Listen mit Namen ihrer Mitarbeiter ab und teilen diesen ohne Rücksprache mit dem Personalmanagement die Botschaft der Kündigung am Autotelefon, auf dem Gang, per E-Mail oder an einem Freitagnachmittag mit”, schildert der Trennungsberater.

Professionell vorgehen

Andrzejewski hängt die Messlatte für Professionalität im Trennungsmanagement hoch. Danach sollten die HR-Manager jedes Trennungsgespräch mit der zuständigen Führungskraft durchspielen. “Die Führungskräfte müssen die Botschaft der Kündigung und die jeweilige Begründung wenigstens einmal laut ausgesprochen haben, bevor sie auf den Mitarbeiter treffen”, sagt Andrzejewski.

Viele Vorgesetzte hätten Angst um das eigene Ansehen und vor den Reaktionen der Betroffenen. Laut Befragung von Kienbaum wünschen allerdings 85 Prozent der Führungskräfte keine weitere externe Unterstützung zur Begleitung der Gespräche. 63 Prozent werden von der eigenen Personalabteilung unterstützt, 20 Prozent besuchen Schulungen.

Klare Aufgabenverteilung

Das eigentliche Trennungsgespräch, da sind sich alle Experten einig, muss mit einer klaren Aufgabenverteilung zwischen Vorgesetztem und HR-Manager stattfinden. “Der Vorgesetzte hat die Trennungsbotschaft zu übermitteln, der Mitarbeiter der Personalabteilung übernimmt eher die Rolle des Supervisors und ist für Detailfragen zuständig”, sagt Andrzejewski.

Auch für Tiemo Kracht müssen Vorgesetzter und Personalmanager “im Duo” arbeiten. Bezüglich der Detailfragen hat der Kienbaum-Partner sehr konkrete Vorstellungen über die Aufgaben des HR-Managers. Kracht: “Der muss schon im Vorfeld mögliche vertragliche Konstellationen für die Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses erarbeitet haben und im Trennungsgespräch den entsprechenden Input geben.” Von den Mitarbeitern wird die Personalabteilung bei Trennungen sogar als “letzte Instanz betrachtet, die für Humanität und Fairness zuständig ist”, meint Andrzejewski.