Rückkehrgespräch: Diskretion wahren
Rückkehrgespräche nach überstandener Krankheit sind nicht unumstritten. Dem Arbeitgeber helfen sie, Ursachen für längere Fehlzeiten aufzudecken und Arbeitsprozesse zu optimieren. Arbeitnehmer hingegen könnten sich bespitzelt fühlen. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt. Zumal der Gesetzgeber Arbeitgebern strikte Richtlinien auferlegt.
Von Johanna Berger
Krankenrückkehrgespräche haben einen negativen Touch. Dabei sind diese Angebote sinnvoll und “integraler Bestandteil jeder guten Personalarbeit”, wie die Führungskräftetrainerin Andrea Bornhöft von Janus Training und Beratung in Aying betont. “Auch, wenn der Mitarbeiter nur einen Tag lang krank war, sollte sich dessen Vorgesetzter Zeit für ein kurzes Gespräch nehmen”, sagt die Trainerin.
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Solche Unterhaltungen dürfen aber nichts mit Ausspionieren oder gar einer Mini-Inquisition zu tun haben, sondern sollen vielmehr Fürsorge vermitteln. Schließlich kann eine Erkrankung auch betriebsbedingte Gründe haben.
“Das wesentliches Ziel eines solchen Gesprächs muss sein, dass dem Mitarbeiter die Rückkehr in den Alltag erleichtert wird”, lautet die Devise von Andrea Bornhöft. “Die Erfahrung zeigt, dass solche Gespräche – wenn sie erst einmal etabliert sind – die Arbeitszufriedenheit steigern und die Motivation nach Krankheitszeiten verbessern.”
Diskretion wahren
Führungskräfte und Personalverantwortliche müssen dabei jedoch mit Fingerspitzengefühl vorgehen und Diskretion wahren – so will es der Gesetzgeber: Der Arbeitgeber darf lediglich fragen, ob es sich bei der vorliegenden Erkrankung um einen Erst- oder einen Folgefall handelt. “Denn nicht jeder Arzt unterscheidet das bei der Ausstellung des Krankenscheins”, sagt der Münchner Anwalt für Arbeitsrecht, Wolfgang Lipinski, aus der Kanzlei Beiten Burkhardt. Alle weiteren Details wie Symptomatik, Krankheitsbild und -verlauf fallen unter die ärztliche Schweigepflicht.
Inhaltlich sollte sich das Gespräch vornehmlich um wichtige betriebliche und abteilungsinterne Ereignisse drehen, die sich während der Abwesenheit ereignet haben, um dem betroffenen Mitarbeiter die die Rückkehr in den Arbeitsalltag zu erleichtern. Auch sollte der Mitarbeiter die Gelegenheit erhalten, sich über sein aktuelles Befinden zu äußern.
Betrieblich bedingte Gründe ausloten
Je nachdem wie lange ein Mitarbeiter der Arbeitsstätte fern geblieben ist, ist es aber durchaus legitim nachzufragen, ob es betrieblich bedingte Gründe für die Krankheit gab. Wenn ja: Wie kann das Unternehmen dazu beitragen, künftig längeren Ausfallzeiten vorzubeugen? Besteht Arbeitsüberlastung? Ist der Arbeitsplatz in einem schlechten Zustand? Gibt es Ärger mit Kollegen oder Vorgesetzten?
Wäre der Wechsel in eine andere Abteilung oder die Reduktion von Stunden eine Lösung? Wichtig ist es, gemeinsam Strategien zur Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess erarbeiten und dem betroffenen Mitarbeiter somit das Gefühl zu vermitteln, dass er wertgeschätzt wird.
Den Betriebsrat einschalten
Eine Einschaltung des Betriebsrats ist Pflicht, sollte ein Arbeitgeber standardisierte Krankenrückkehrgespräche durchführen. “Dann muss mit der Arbeitnehmervertretung eine Vereinbarung über das Procedere getroffen werden”, betont der Münchner Rechtsexperte. Ein Mitarbeiter darf in einem solchen Gespräch auch mit einem Betriebsratsmitglied als Begleitung erscheinen, “doch rechtlich zwingend ist das nicht”, sagt Lipinski. Auch Beraterin Bornhöft weiß, dass Betriebsräte schnell argwöhnisch werden, wenn das Wort Fehlzeitengespräch fällt. Schnell ist von Mitarbeiterüberwachung die Rede.
Sensibilität ist das A und O
“Jedes dieser Gespräche ist heikel”, warnt deswegen Andrea Bornhöft und verlangt viel Sensibilität von den Vorgesetzten. Niemals darf so ein Termin zwischen Tür und Angel abgewickelt werden – ein geschlossener Raum sowie bis zu dreißig Minuten Zeit sind für die Beraterin Pflicht. “Das Rückkehrgespräch ist definitiv kein Kritik- oder Konfliktgespräch – auch wenn sich ein solches aufgrund von Ungereimtheiten oder Anhäufungen von Fehlzeiten durchaus anschließen kann.”