Krankes Kind, kranker Mitarbeiter: Rechtliche Tipps

Das Wohlergehen des Nachwuchses genießt meist höhere Priorität als der berufliche Alltag. Vor allem für Kleine und Mittelständische Unternehmen (KMUs) kann aber jeder ausgefallene Arbeitstag eine große Belastung darstellen. Grund genug, die gesetzlichen Regelungen für Pflegeurlaube genau zu kennen.

Krankheitsfälle in Familien sind unerfreulich, vor allem bei kleinen Kindern aber häufig. Für die betroffenen Eltern führen diese oft zu Schwierigkeiten bei der Planung von Tagesabläufen, was dann schnell an den Arbeitgeber abgewälzt wird.

Notfall geht vor Arbeit

Mag. Irene Holzbauer ist Leiterin der Abteilung Arbeitsrecht bei der Arbeiterkammer Wien und kennt die Regelungen für kranke Kinder in Theorie ebenso wie aus der beruflichen Praxis: „Wenn ein Unfall oder Notfall vorliegt, wenn zum Beispiel die Lehrerin aus der Schule anruft, dass das Kind hohes Fieber hat und nicht alleine nach Hause gehen darf, dann darf der Arbeitnehmer sofort den Arbeitsplatz verlassen um seinen familiären Pflichten nachzugehen“, erklärt sie. Im juristischen Fachjargon bezeichnet man das als höherwertige Pflicht.

Anspruch auf Arztbesuche

Aber nicht alles, was mit Krankheit in der Familie zusammenhängt, führt zu einem klassischen Pflegeurlaub. Wird das Kind abgeholt oder zum Arzt begleitet, so liegt eine sogenannte Dienstverhinderung vor. Darauf haben Arbeitnehmer in Österreich Anspruch, ebenso wie auf reguläre Pflegefreistellungen wenn das Kind erkrankt ist und Betreuung braucht.

Eine Woche Pflegeurlaub

„Für Kinder, die über zwölf Jahre alt sind, bekommt man eine Woche pro Jahr, für Kinder unter zwölf Jahren bis zu zwei Wochen. Natürlich ist die Voraussetzung, dass das Kind im gemeinsamen Haushalt lebt und dass keine andere Person verfügbar ist, um darauf aufzupassen“, erklärt Mag. Holzbauer. Aber Vorsicht: Diese Regelungen gelten für Arbeiter.

Unbegrenzte Freistellung möglich

Angestellte genießen Rechte, die noch weiter gehen. Irene Holzbauer erklärt: „Aufgrund des Angestelltengesetztes besteht ein Anspruch auf Freistellung aus wichtigen persönlichen Gründen. Das bedeutet dasselbe wie zuvor beschrieben mit dem Unterschied, dass die Anzahl der zu nehmenden Tage nicht zeitlich begrenzt ist.“ Besonders schwierig sind Krankheitsfälle bei den Kindern natürlich immer für Alleinerzieher. Für sie kennt das Gesetz auch keine Begünstigungen.

Individuelle Absprachen sind möglich

Claudia Hartmann ist Assistentin der Geschäftsführung bei „A. & S. Klein“, landläufig für die Marke Almdudler bekannt. Sie meint zur Thematik Krankenpflege für Kinder: „Pflegeurlaub wird bei uns je nach Situation einzeln vereinbart. Über die gesetzlichen Möglichkeiten hinaus können Mitarbeiter auch normalen Urlaub oder Zeitausgleich nehmen, wenn Bedarf besteht und die betrieblichen Gegebenheiten es zulassen.“ Hartmann betont, dass im Hause Almdudler Kulanz hoch im Kurs steht. Das Arbeitsrecht definiert die Rahmenbedingungen, oft kommt man Mitarbeitern aber auch darüber hinaus entgegen, wenn die familiäre Pflicht ruft. „Als Familienunternehmen werden wir für einen Sonderfall oder akute Engpässe eine menschliche und für alle Seiten mögliche Lösung finden. Vor allem dann, wenn die gesetzlichen Bedingungen nicht anwendbar oder nicht ausreichend sein sollten.“

Spionieren verboten

Dürfen Arbeitgeber eigentlich Nachforschungen anstellen, ob das Kind tatsächlich so krank ist, dass ein Anspruch auf Pflegeurlaub vorliegt? Nach dem Arbeitsgesetz nicht. Allerdings müssen Arbeitnehmer ein ärztliches Attest vorlegen, das die Krankheit bestätigt. Das wird laut Hartmann auch bei ihrem Unternehmen so gehandhabt. Bei Akutfällen, die zu Dienstverhinderungen führen, lassen viele Arbeitgeber ihre Mitarbeiter auch auf reiner Vertrauensbasis ziehen.

Attest verlangen

Wer sich absichern möchte oder Missbrauch wittert, der soll aber unbedingt darauf bestehen, dass ein Arzt miteinbezogen wird. Auch die Arbeiterkammer, Interessensvertretung der Arbeitnehmer, setzt auf ärztliche Befunde. Holzbauer meint: „Normalerweise besteht kein Anlass zu Nachforschungen, weil man innerhalb des Unternehmens die Situation des Arbeitnehmers kennt. So weiß man ja, ob es wirklich notwendig ist, dass der Arbeitnehmer zu Hause bleibt um ein Kind zu pflegen. Ein ärztlicher Befund sollte aber auf jeden Fall vorgezeigt werden.“