Die Dienstreise: Freizeit oder Arbeitszeit?

Ob mit dem Zug in die Nachbarsstadt oder mit dem Flugzeug um die halbe Welt: Dienstreisen können einer Firma Erfolge bringen – aber auch viele Diskussionen. Etwa dann, wenn vorab nicht geklärt wird, welche Kosten der Chef übernimmt und welche Teile der Reise als Arbeitszeit gelten.

Anreise: Arbeitszeit oder Freizeit?

Die Frage, was im Rahmen einer Dienstreise Arbeitszeit ist und was Freizeit, beginnt schon bei der Anreise. Ganz grundsätzlich ist Reisezeit auch Arbeitszeit – jedenfalls dann, wenn die Reise innerhalb der sogenannten Normalarbeitszeit unternommen wird. Darüber hinaus wird zwischen “aktiver” und “passiver” Reisezeit unterschieden. Aktiv ist ein Mitarbeiter dann, wenn er während der Reise arbeitet, das kann etwa in öffentlichen Verkehrsmitteln der Fall sein, wenn er dienstliche Telefonate führt, am Laptop Emails beantwortet oder sich auf einen Termin vorbereitet. Auch ein Arbeitsgespräch mit einem Kollegen macht aus der Reisezeit Arbeitszeit. Und sogar Autofahren zählt in diesem Sinne als Aktivität.

Unter passiver Reisezeit versteht man, dass der Mitarbeiter nur befördert wird, und dabei während der Fahrt beispielsweise schlafen oder lesen kann. Sind zwei Kollegen gemeinsam auf Dienstreise, können sie nebeneinander sitzend gleichzeitig aktiv und passiv sein – wenn der eine lenkt und der andere sich daneben ausruht.

Ruhezeiten: Wie viel Pause muss sein?

Der Unterschied zwischen aktiver und passiver Reisezeit ist erheblich: Aktive Reisezeit muss voll bezahlt werden, da sie wie normale Arbeitszeit zu werten ist. Passive Arbeitszeit zählt wiederum nicht als “voll”, sie kann je nach Vereinbarung auch geringer entlohnt werden. Und: Mit ihr kann auch die tägliche bzw. wöchentliche Maximal-Arbeitszeit überschritten werden. In den meisten Kollektivverträgen gibt es spezielle Regelungen, was die Bezahlung von Reisezeiten betrifft.

Apropos Ruhezeiten – allgemein gilt: Nach dem Ende der jeweiligen Tagesarbeitszeit hat man einen Anspruch auf elf Stunden ununterbrochene Pause. Diese kann grundsätzlich auf einer Dienstreise verkürzt werden, wenn es ausreichend Ruhemöglichkeiten gibt, etwa im Schlafwagen der Bahn. Auch der jeweilige Kollektivvertrag kann eine Verkürzung der Ruhezeiten an einzelnen Tagen zulassen.

Reisen ist auch am Wochenende erlaubt

Am Zielort der Dienstreise angekommen, gibt es eine ähnliche Trennung wie zu Hause: Muss ein Arbeitnehmer über Nacht bzw. übers Wochenende bleiben, aber am Abend bzw. Samstag/Sonntag nicht arbeiten, so gilt dies als Freizeit – und muss dementsprechend auch nicht bezahlt werden. Reisen während der Feiertags- bzw. Wochenendruhe sind zulässig, wenn es zum Beispiel wegen einer langen Anreise notwendig ist oder im Sinne des Mitarbeiters liegt.

Gut zu wissen: Gehört die Reisetätigkeit zum beruflichen Alltag des Mitarbeiters, etwa weil dieser stets von Kundschaft zu Kundschaft fährt, so liegt keine Dienstreise vor – und es gelten die “normalen” Spielregeln.

Abrechnung: Am besten vorher klären!

Zur Abrechnung von Dienstreisen gibt es in vielen Fällen im Kollektivvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder im jeweiligen Arbeitsvertrag genaue Regelungen. Hier kann zum Beispiel ein Pauschalsatz für Taggelder bzw. Nächtigungsgelder festgelegt werden.

Fehlen solche Vereinbarungen, hat der Mitarbeiter Anspruch darauf, dass ihm die tatsächlich entstandenen Kosten ersetzt werden. Das kann schwierig werden, denn hier stellt sich schnell die Frage, ob alle Ausgaben tatsächlich notwendig waren oder ob es nicht teilweise auch billiger gegangen wäre.

Sonderfall Auslandsreise

Achtung: In manchen Kollektivverträgen/Arbeitsverträgen beziehen sich die Dienstreise-Regelungen nur auf das Inland. In diesem Fall empfiehlt es sich ganz besonders, vor Auslands-Dienstreisen klare Vereinbarungen mit dem Mitarbeiter zu treffen, was bezahlt wird – und was nicht.

Das gilt auch für Taggelder: In teuren Städten oder Ländern macht das Taggeld in der Regel deutlich mehr aus als in solchen, in denen die Preise niedrig sind. Erfahrungsgemäß empfiehlt es sich auch, schon im Vorhinein mit dem reisenden Mitarbeiter zu klären, ob allfällige Überstunden, die bei Tagungen oder Meetings schnell einmal anfallen können extra abgegolten werden bzw. mit Freizeit ausgeglichen werden.